NappaliEs riecht etwas abgestandenen, ich sitze in einer Kneipe, trinke Wein aus einem Glas, das länger kein Poliertuch gesehen hat, bin eingehüllt von hitzigen, unverständlichen Unterhaltungen und einem Selbstgespräch von rechts.Die Barfrau huscht flink hinter dem Tresen hin und her. Die Handgriffe sitzen, ich bin trotzdem sicher, sie ist sturzbetrunken. An der Theke ein paar zerzauste Gestalten in dicken Strickpullis, deren Anblick einem den Geruch einer muffigen Wohnung in die Nase treibt.Ein Kopf liegt auf dem Tresen, eine Hand auf der Schulter, eine zweite klopft etwas unbeholfen über den Rücken. Herzschmerz hängt schwer über ihnen in der Luft. Sie reden wenig, aber ihre Anwesenheit scheint genug Anteilnahme zu sein, genauso wie die sich immer erneuernden Biergläser. Der Traurige der drei ist schick angezogen, Krawatte und Anzug, polierte Schuhe, gegelte Haare. Man könnte meinen, eine Frau hätte ihn gerade vorm Altar stehen gelassen. Die beiden anderen wirken ehrlich betroffen, ihr Umarmen und Schulterklopfen rührt mich.Nach einer Runde Schnaps geht der Traurige, die anderen bleiben und bestellen noch ein Bier.
SyntagmaEin alter Mann sitzt auf dem Platz, behangen mit Plakaten und Bannern, schreit unermüdlich den gleichen Satz. Auf einem Poster steht „Brain Tumor“, auf einem anderen ist ein kopiertes Bild von einem Gehirn.Eine Taube neben mir dreht sich minutenlang im Kreis.
SchönleinstraßeDie Sonne wirft harte Schatten auf das Haus gegenüber, langsam wandern die dunklen Formen über die Fassade. A. entschuldigt sich für die Sojamilch, der Kaffee schmeckt ungewohnt wässrig. Wie man kleine Pagoden nennt, fragt sie. Wisse ich auch nicht und glaube, so ein Wort habe ich noch nie benutzt. Sie hält kurz inne, tippt dann weiter, der Laptop leuchtet ihr blau ins Gesicht. Ab und zu springt der Boiler an und surrt gleichmäßig vor sich hin.
Er sagt mir, dass ihm Männer mit Ohrring suspekt sind.